Mord, fuhr er ruhig und gelassen fort, muss allerdings unterschieden werden. Der Mord an sich entscheidet sich nicht an Vorsatz und Motiv, nicht an Gelegenheit oder Planung. Er strich sich mit durchaus lässiger Geste eine imaginäre Locke aus dem Gesicht hinter sein Ohr. Ein Motiv hat irgendwann jeder.

Er zuckte mit ausgestreckten Armen die Schultern, unterstrich die Gleichgültigkeit des Inhalts seiner Rede mit seinem Gesichtsausdruck. Ein jeder kommt in seinem Leben an einen Punkt, an dem er zumindest den Gedanken zulässt, jemanden lieber tot als lebendig sich vorzustellen. Dieser Gedanke fußt auf einer vorangegangenen Erfahrung, deren Antwort das Motiv ist. Allerdings ist ein Motiv, so dringlich der Mensch bei erfolgter Tat es auch in Erfahrung bringen möchte, irrelevant für einen Mord.

Meine These lautet sogar, dass ein Mord mit Motiv im hier zu beleuchtenden Sinne gar kein tatsächlicher Mord ist. Seine Idee begleitete sein entschlossener Ausdruck. Die Züge umspielten bewegungslos sein attraktives Antlitz. Die Augen blickten konzentriert und geradeheraus.

Allerdings, korrigierte er sich im direkten Anschluss und folgendem Atemzug, ist hier das personengebundene Motiv gemeint. Das Motiv an sich ist grundsätzlich zwingend, da es der Antrieb zur Tat ist. Ohne Motiv folgt gar nichts. Das Motiv zur Nahrungsaufnahme ist die Erhaltung des eigenen Lebens, der Hunger, der Appetit oder die Gesellschaft zum Essen. Selbst das Atmen ist nicht motivlos. Er fuhr im unbeteiligten Tonfall fort, da seine Ausführung nur mögliche Zweifler bedienen sollte. Ihm war durchaus klar, deshalb führte er es auch an, dass überhaupt nichts ohne Motiv im weitesten Sinne erfolgte.

Ja sogar die Erddrehung, die Gravitation und alles Leben hatte ein Motiv, ob es nun dem Menschen verständlich war oder nicht. An diesem Punkt sollte seine These nicht scheitern.

Ich möchte gerne an dem Punkt fortfahren, an dem ich das Motiv eingeworfen habe, ergänzte er seine Gedanken durch seine Aussprache, die Welt und sich selbst wieder in kommunikativen Austausch bringend.

Ich meine das Motiv, welches durch andere Menschen beeinflusst ist. Sein Blick schweifte umher, genervt, ärgerlich, ungeduldig. Er wurde immer unleidlich wenn er allzu sehr präzisieren musste, dies konnte seinen Gedankenfluss nur aufhalten. Andererseits half dies nach, seine Gedanken zu ordnen und auf dem Prüfstand gegen mögliche Gegenargumente zu durchleuchten. Leichtes Unbehagen befiel ihn bei dem Hintergedanken, er könne am Ende gar Unrecht haben.

Nun, beendete er seine gedankliche Einkehr, beleuchten wir also das Motiv, er griff den Ausdruck aus seinen Gedanken auf, da ihm dieser durchaus passend erschien, schließlich brachte er ebenfalls Licht ins Dunkel der zweifelnden Kleingeister.

Das Motiv gibt einer Tat Richtung, Grund und hilft der Umwelt, diese zu verstehen, zu verarbeiten und am Ende auch zu verurteilen. Ein Motiv birgt somit Risiko und Nutzen gleichermaßen. Das Risiko eines Motivs ist immer die Schwäche des Motivierten, denn mit einem Motiv stellt sich der Täter immer dem Urteil der Umwelt, welches er angelegentlich doch zu seinen Gunsten zu beeinflussen trachtet. Er war stolz auf diese Wortkombination. Dieser Satz besaß eine Lyrik wie ein Seidentuch im Gebirgsbach. Er war am Ende doch ein Poet, ein Feingeist, ein Künstler.

Genau dies drückte auch sein Blick aus, seine Augen schauten klar und hell aus seinem energischen Antlitz, ein nahezu unmerkliches Lächeln umspielte seine Lippen, die Heimstatt solch genialer Aussprüche waren und durch die artikulierten Gedanken seines genialen Geistes geadelt wurden. Dieser Gedanke machte ihn fast ebenso stolz auf seine linguistischen Fähigkeiten wie sein letzter Satz. Da er sich außerstande fühlte, diese Höhepunkte zu übertreffen, beschloss er, für heute zu schließen. Das doppelte Schließen war von ihm extra gedacht, ein jeder Künstler benötigt einen feinen Teil Humor. Ein Augenzwinkern. Eine fröhliche Überlegenheit, die ebenjene Sätze zum Ausdruck bringen.

Er war zufrieden mit sich selbst. Auch wenn sein Konzept heute nicht aufgegangen schien, so hat er doch eine Saat gepflanzt, welche er zum nächsten Mal fein gießen und somit zum sprießen bringen wollte. Er lächelte, ein warmes Licht erfüllte seine Augen, feine Linien gruben sich als Lachfalten in die Augenwinkel. Sein Ausdruck war sehr herzlich, väterlich, lehrreich. Er nickte leicht zum Abschluss, zum Abschied.