Sprachgeschick

Wie ich gerade in Bayern auf diese Überschrift komme, ist mir selbst ein Rätsel. Wahrlich eines der Worte, die in keiner wie auch immer gearteten Assoziationskette zu Bayern auftauchen außer in Kombination mit „mangelndes“.

Lasst mich hochtrabend und angeberisch mal folgendes ausführen. Eine pointierte Sprache, auf den Punkt formuliert ist anerkannt eine Ausprägung gelebter Eloquenz. Nur, und dies möchte ich mit großer Resignation kundtun, wird heutzutage Sprache selten so kombiniert und angewandt, dass sie unter Verwendung ihrer selbst sich treffsicher in die Nähe anderer Leute Neid zu rücken vermag.

Kaum bis überhaupt nicht werden Sätze wie dieser heutzutage fließend hervorgebracht. Mangelt es ja schon an den einfachsten Bestandteilen wie mehrsilbigen Wörtern. Treffend, zielsicher und kunstvoll verbinden sich selten dieser Tage in der alltäglichen Kommunikation.

Das Wort vereint heutzutage im normalen Umgang vielerlei Bedeutungen. Oft auch beschleicht mich der Verdacht auf den leisen Sohlen seiner Step-Schuhe, dass sich das Verhältnis auszudrückender Bedeutungen zum Umfang des Wortschatzes umgekehrt hat. Vom Tode des Genitivs mal ganz zu schweigen. Heute hat der durchschnittliche Jugendliche mehr Pickel als Worte zum ausdrücken.

Und dies stoppt nicht an der Schwelle der Jugend zum Erwachsenen. Reicht das Vokabular des Normalsterblichen doch lediglich noch zum holprigen Ausfüllen des Hartz IV Antrags respektive Bestellen des nächsten Biers. Wobei im südlichsten der noch offiziell deutschen Bundesländer hierfür gar keine ausformulierte Sprache mehr vonnöten ist. Wird Alkoholnachschub doch durch primitive Laute geordert, die in einem Leben mit Sprache zu nennen ich mich scheue.

Doch zurück zum langsamen und qualvollen Tod unser Sprache. Gelüstet es mir, zum Beispiel über die Liebe oder deren körperliche Ausprägungen zu schwärmen, so kann ich vielerlei schönes Kleid um diese wunderwollen Dinge weben. Verbreitet hingegen ist dies nicht mehr. Zusammengefasst wird das gesamte Werben und Schwärmen und Erobern und Genießen in die flapsig gespuckten Silben „ficken, ey“. Was für große Horden heutiger Neuzeitmenschen schon ein moderner Shakespeare ist…

Die Sprache beschränkt sich inzwischen auf wenige Universalbegriffe, die scheinbar wahllos auf unterschiedliche Ziele geschossen werden und je nach gesellschaftlich-professioneller Stellung im Leben mit Fachtermini unterschiedlichster Couleur gespickt werden. Vollkommen ohne Rücksichtnahme auf korrekte Verwendung oder, so man schon in fremde Sprachen sich vorwagt, korrekte Beugung. Flexibilität ist der Leitsatz der modernen Arbeitswelt! Flexibel sei der Mensch, hilfreich und gut. Aber auf Wörter trifft das nicht in jedem Fall zu.

Wer genau hinhört, bemerkt in so manchem Fremdwort angereicherten Satz gut und gerne mangelnde Kenntnis von Singular und Plural. Wer klugscheißen will, sollte zumindest wissen, wie. Beispiel: Volumen (Singular), Volumina (Plural). Index (Singular), Indices (Plural). Matrix (Singular), Matrizen (Plural).

Die Sprache an sich wird verstümmelt wie Kriegsgefangene in Nordkorea und politische Häftlinge in China. Aber kein Tribunal bestraft die Täter!

Wer es noch nicht glaubt, achte bitte noch auf die Verwendung von „als“ und „wie“, „weil“ und „denn“ und zähle mal die mehrsilbigen Wörter in den Sätzen seiner Gegenüber. Der letzte Beweis ist die Nutzung des Genitivs.

Oder wie der moderne Mensch heute sagt:

Die Nutzung von dem Genitiv…

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